Vernetzung im DAX
Mittels Social Network Analyse (SNA) können Beziehungen von Personen zueinander untersucht und ausgewertet werden. Anwendung kann diese Technik nicht nur bei Twitter und Co. finden, sondern auch bei klassischen Netzwerken. Das Grundprinzip der SNA stellt dabei die Visualisierung von Beziehungen da. Im einfachsten Falle “A kennt B”.
Für Aktiengesellschaften werden die Aufsichtsräte und Vorstände veröffentlicht. Meist sitzen die Vorstände eines Unternehmens A im Aufsichtsrat von Unternehmen B. Es entsteht ein Netzwerk des Informationsaustausches. Für die Deutsche Wirtschaft wird dieses Netzwerk meist als Deutschland AG bezeichnet. In den 90er Jahren wurde vom Ende der Deutschland AG gesprochen, welches sich auch bei der Netzwerkanalyse abzeichnet.
Die Beiersdorf AG wurde im Jahre 2003 in den DAX aufgenommen. Zu einem Zeitpunkt, als die Deutschland AG längst nicht mehr die Stellung hatte, die ihr vorher nachgesagt wurde. In der Übersicht der Social Network Analyse wird dies erkennbar, dass es sich um das einzige Unternehmen im DAX handelt, welches keine Schnittstellen zu anderen DAX Unternehmen zeigt. Zwar sitzen im Vorstand und Aufsichtsrat sehr wohl Personen, die auch bei anderen Unternehmen eine Funktion einnehmen, allerdings in keinem anderen DAX30 Unternehmen. Hinsichtlich der Vernetzung ist dieses Unternehmen allerdings mit deutlich weniger Kommunikationsschnittstellen auf Aufsichtsrat und Vorstandsebene ausgestattet als andere Mitglieder der Deutschland AG.
Max Dietrich Kley - Gatekeeper für HeidelbergCement
Eine der wichtigsten Funktionen innerhalb eines Sozialen Netzwerkes nehmen die Gatekeeper ein. Fallen diese aus, so würde ein Teil des Netzwerkes abgekoppelt werden und ähnlich isoliert wie die Beiersdorf AG in der Analyse angezeigt werden. In der Kommunikationstheorie übernehmen Gatekeeper meist die Funktion von Brokern, indem sie Informationen aus einem Netzwerk einem anderen Teil des Netzwerkes zur Verfügung stellen. Max Dietrich Kley, der ehemalige Vorstand der BASF AG und heutiges Mitglied des Aufsichtsrates nimmt eine solche Funktion für HeidelbergCement ein. Heidelberg Cement ist DAX-Neuling, mit nur einer Person als Gatekeeper zur Deutschland AG, bestätigt sich die Annahme der geringeren Bedeutung des Netzwerkes Deutschland AG.
Innere Kreis der Deutschland AG
Der Innere Kreis der heutigen Deutschland AG verwundet allerdings wenig.Ein Beispiel hier ist Michael Diekmann, der Vorstandsvorsitzende der Allianz und Aufsichtsratsmitglied bei BASF, Siemens und Linde. Alle vier Unternehmen sind Urgesteine des DAX. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Deutschebank Chef Ackermann, der zwar “nur” im Aufsichtsrat der Siemens AG sitzt, allerdings damit sowohl die Deutsche Bank als auch Siemens einen festen Platz im inneren Kreis der Deutschland AG sichert.
Die Erhebung der für diese Analyse notwendigen Daten wurden in der Zeit vom 01.08. und dem 15.08. durchgeführt. Als Quelle wurden die öffentlichen Verzeichnisse der Vorstände und Aufsichtsräte verwendet. Insgesamt kamen somit über 17.000 Verbindungen bei mehr als 1000 PNRs (Person Name Records) zur Auswertung. Das Vorgehen bei der Erhebung war recht einfach: Ausgehend von den DAX 30 Unternehmen wurden alle Aufsichtsräte und Vorstände ermittelt. Zwischen allen Personen eines Unternehmens wurde eine vollständige Vernetzung durchgeführt (“Jeder kennt jeden”). Für jede dieser Personen wurde im Anschluss geprüft bei welchen Unternehmen diese Person ebenfalls im Vorstand oder Aufsichtsrat sitzt.
Die Auswertung erfolgte zur einfacheren Visualisierung mit ManyEyes, wo diese auch interaktiv abrufbar ist. Ebenfalls wurde dort der Datensatz hinterlegt in einer sehr einfachen Form für eigene Analysen. Das Erhebungsverfahren wurde bei einer Rekursionstiefe von 1 abgebrochen. So wurde zum Beispiel bei Deutsche Bank Chef Ackermann der Link zur Zürich-Versicherung verfolgt – dann allerdings nicht weiter.
Als Fazit kann man feststellen, dass die Vernetzung der DAX Unternehmen noch immer deutlich ist. Ob es ein Machtkreis ist, bei dem aktiv die deutsche Wirtschaft gelenkt wird ist dagegen fraglich. Einfluss hat dieser Kreis aber mit Sicherheit noch auf Politik und Leben in Deutschland. Bei der Auswertung stand eigentlich die Hypothese im Raum, dass es Unternehmen gibt, die nicht im DAX sind, jedoch trotzdem zum “Inneren Kreis” gehören. Mit dem Abbruch nach der ersten Rekursionstiefe konnte allerdings keines ausgemacht werden. Leider hat ManyEyes ein Limit der Datensätze auf 5 MB. Eine höhere Rekursionstiefe bedarf ungefähr 10 MB an Daten. Dies ist eine Untersuchung die noch durchzuführen ist. Auch sollten die anderen Indizes in Deutschland noch einmal gesondert betrachtet werden.
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